Vergessen und Verdrängen

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Sonntag, 17. März 2013

Ich bin ein unverbrüchlicher Gegner von Werbung, wenn auch reduziert auf das, was über die Information des Vorhandenseins eines bestehenden Produkts hinausgeht. Die Erzeugung einer Sucht ist mir zuwider wie eben das vielzitierte Anfixen. Ich gestehe, der Werbenden Gelder auch schon eingestrichen zu haben, um damit eine Bleiwüste namens Laubacher Feuilleton zu finanzieren. Ebenso gebe ich verschämt zu, den tückischen Begierden der Erzeuger des einen oder anderen Produkts nach meinem Geld ebenfalls hin und wieder unterlegen gewesen zu sein. Einige Jahre hatte mich die Braun-O-Manie fast so fest im Griff, daß es beinahe bis zur Zwangsjacke in der Gummizelle gereicht hätte.

Es handelte sich dabei jedoch jeweils um Erzeugnisse, von deren Form in Übereinstimmung mit deren Funktion ich überzeugt war und die, das ist das Entscheidende, meinem bereits geprägten Geschmack entsprachen. Wenn die Produkte an sich geschmacksbildend werden, noch dazu, wenn sie nicht mehr sind als Schein, also von keiner sonderlich ausgeprägten Qualität, also in etwa das, was heutzutage unter Design verstanden wird, dann deutet das auf eine irreführende Macht der Werbung hin. Der angebissene Apfel beispielsweise, von dem auch ich eingenommen war, deutet nach heutigem Wissensstand auf die Vertreibung aus dem Paradies der Selbstbestimmung hin, allem voran die bei mir spät einsetzende Erkenntnis der fragwürdigen Gesinnung dieses Konzerns bei den Produktionsbedingungen, nicht zuletzt dessen, nach meinen persönlichen Erfahrungen, zunehmend bedürftiger werdende Technik, die zudem auf immer raschere Neukäufe hinzuzielen scheint; in den Anfängen war das wesentlich positiver zu bewerten.

Schöner Schein, das ist das, worunter ich bisweilen das glanzvolle Mißverständnis der Nachhut des Klassizimus verstehe: außen edel einfältiger Glanz, innen hohl, stillschweigende oder auch nichtsagende Größe. Ich stehe beharrlich auf dem Standpunkt, die Form habe der Funktion zu folgen: form follows function. Wenn das ausbleibt, ist der Konsument um des Konsums willen ästhetisch und damit gesellschaftlich auf der Strecke geblieben. Unästhetisch meint eben bei weitem nicht nur den unschönen Fleck auf der Bluse.

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